Der Mittwoch danach (3.12.) war nicht so viel anders. Im Gedächtnisprotokoll
des Veranstalters findet sich dazu:
Extemporieren anhand des von einer anderen Veranstaltung übergebliebenen
Tafelbildes ("historischer Kontext, Schule als Vergesellschaftung, Re-Education"); Interpretation diverser Situationen im Veranstaltungsraum.
Aufforderung zum Nachdenken, Nachfragen. Fragen zu Arbeitsmaterialien
m05 - keine. Fragen zu Übung u06 - keine. Frage nach Zigaretten/Kaffee
pause - keine Reaktion. Hinweis meinerseits auf universitäre soziale
Wirklichkeit vor fast 40 Jahren: "Unter den Talaren der Muff von 1000 Jahren". Die Studis hätten die Proffs damals als "Qualle" bezeichnet,
die [deren Reaktion] nicht zu fassen sei. Heute, hier, sei das offenbar eher umgekehrt. - Manche der Anwesenden verstehen es. Stimulus meinerseits an die Teilnehmer; aber auch die Teilnehmer ihrerseits üben auf mich Anregung aus, gegebenenfalls hier durch "Nicht-Verhalten". Erwähnung der Stimulusorientiertheit von Beobachtung, Inhaltsanalyse bzw Befragung. Per Befragung könne man letztlich alles erreichen, auch daß man endlich
einer Zigaretten/Kaffeepause zustimmt. Irgendeiner hat's dann endlich
doch kapiert und nach ständigen Wiederholen, Nachfragen "ja" gesagt.
Pause dann ab 10:10. Bis etwa 11 Uhr; man wartet, daß ich wieder zur
Arbeit rufe; einzelne (2) sprechen mich an deswegen; ich verweise
darauf, daß man auch selbständig zur Arbeitsgruppenbildung übergehen
könne. Frust, beiderseits.
Der Veranstalter wollte aber nicht unbedingt den Kurs in den Sand setzen, hat sich Gedanken gemacht, diese übers Wochenende formuliert für die nächsten anstehenden Arbeitsmaterialien (m07 am 10.12.2003). Sie wurde zu umfangreich. So hat er statt dessen dort nur dieses eingerückt:
Grundsätzliches:
Nach dem Mittwochsevent vom 3.12. ist der Veranstalter in sich gegangen,
hat nachgedacht, und hat sich etwa 4 Seiten Grundsätzliches zur Situation
des Kurses von der Seele geschrieben. Am Montag darauf ging es ihm dann
wieder etwas besser, was man auch daran gemerkt haben mag, wie er, ganz
ungewohnt unwirsch, auf telefonierendes und sonstwie unter sich kommunizierendes Teilnehmerverhalten reagiert hat, was freilich die betreffenden Teilnehmer nicht weiter gestört hat, die betroffenen wohl schon.
Inzwischen, geläutert, zieht er es vor, diese Grundsatzgedanken eher
auf den Abschlußbericht zum Kurs zu verschieben, sofern in der Zwischenzeit nicht doch noch etwas diesbezüglich Gravierendes sich ereignen sollte. Dieser Verzicht zu diesem Zeitpunkt ermöglicht immerhin eine Fortführung, wenn auch punktuell etwas reduziert, der bisherigen Mittwochsarbeitsmaterialien.
Zu Angebot und Nachfrage(*) in Veranstaltungen universitärer Bildung
(* Hat es das überhaupt gegeben - im wörtlichen Sinne - nach dem bisher hier geäußerten?
Ansonsten beruht der für die Arbeitsmaterialien m07 vorgesehene Text auf dem Stand des Kurses Anfang Dezember 2003.)
Es geht um die Art - nicht die Menge von Angebot und Nachfrage. Da die
Verfahrensbreite, Stoff in Universitätsveranstaltungen anzubieten, weitaus
größer ist als in der Schule, stellt sich dieses Problem hier viel stärker
als dort. An der Schule sind durch vorgeschriebene Rahmenpläne und vorgegebene
Lehrbücher der Vielfalt in der Art der Stoffvermittlung viel engere Grenzen
gesetzt als an der Universität.
An der Universität gibt es derartige Vorschriften glücklicherweise in Fächern
wie der Medizin; in den Geisteswissenschaften aber, damit auch den Sozialwissenschaften, kaum. Bisweilen entscheiden auch rein formale Eigenheiten
wie Anfangsbuchstaben des Nachnamens oder Anmeldezeitpunkt zu einem Kurs, ob
man das eine oder das andere lernt, bzw wie man es lernt. Um den gleichen
Stoff im weitesten Sinne handelt es sich wohl, nur derselbe ist es recht
selten.
Glücklicher scheint es, wenn man sich den Kurs selbst aussuchen kann - im
Rahmen der Randbedingungen des Angebots. Manchmal scheint man gezwungen, ein
Angebot annehmen zu müssen, auch wenn es nach Kenntnis der Beschreibung im
Kommentierten Vorlesungsverzeichnis einem eigentlich so sehr nicht paßt.
Manchmal hat man diese Beschreibung sowieso nicht recht zur Kenntnis genommen; oder sie nicht ernst genommen; oder man ist sich einfach nicht so recht im klaren darüber gewesen, was sie bedeutet.
Der Veranstalter hätte es - noch - deutlicher ausdrücken müssen?
Aber es gibt sehr wohl Teilnehmer in Kursen, die ganz bewußt und ganz gezielt
in einen Kurs gehen, auch wenn die Randbedingungen widrig sind. Jedoch sind
auch sie in ähnlichem Ausmaß, wenn auch eher in Art von Enttäuschung als die
anderen in der Art von Frust ausgesetzt, wenn die Art der Veranstaltung, des
Darstellens von Stoff - seiner gemeinsamen Erarbeitung durch Veranstalter
und Teilnehmer hier in diesem Kurs - nicht so funktioniert wie gehofft, wie
gedacht.
Die Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage bezüglich Vorgehensweise des Veranstalters und Erwartungen der Teilnehmer ist nur im Idealfall sehr kleiner Gruppen deckungsgleich; Modell A.
Je größer die Gruppen werden, umso größer die Wahrscheinlichkeit, daß Angebot
und Nachfrage (Vorgehensweise und Erwartung) auseinanderklaffen. Bei über
200 ursprünglichen Kursinteressenten muß dies allein schon mengenmäßig dazu
führen, daß etliche abspringen.
Eine Konstellation derart, daß Angebot und Nachfrage sich überhaupt nicht decken, kann nur bei organisatorisch verordneter Kursteilnahme sich ergeben; Modell B.
Aber weder das eine noch das andere war hier der Fall.
Dieser Kurs beruht auf offenem Zugang für alle, die sich für ihn und seine
Art der Durchführung interessieren. So ist auf jeden Fall zu erwarten, und
es ist sicherlich auch tatsächlich so, daß es sehr wohl eine Überschneidung in der Art der Vorgehensweise des Veranstalters und den - gegebenenfalls auch erst im Laufe des Kurses erworbenen - Erwartungen der Teilnehmer gibt; Modell C.
Um Erwartung und Wirklichkeit herum gibt es eine Grauzone derer, die langsam,
manche auch durchaus schnell, entdecken, daß, so wie der Kurs ist, er wohl
doch nichts für sie ist. Andererseits gibt es dort auch diejenigen, die sich
langsam, obgleich zunächst skeptisch, für die Vorgehensweise des Kurses
erwärmen, da sie mit der Zeit mehr und mehr verstehen, wie er funktioniert
und wie er wohin hinaus will.
Hier geht es nicht darum, unbedingt Modell A verwirklichen zu müssen. Der
Veranstalter hätte sonst alsbald seinen gesprächsorientiert gedachten Kurs
in eine tatsächliche Vorlesung, mit Mikrofon und schlechten Lautsprechern,
in einen Hörsaal (am liebsten in eins der Auditoria Maxima, schon allein
wegen der anstehenden Abschlußklausur) verlegen müssen; vermutlich irgend
wann abends ab 18 Uhr, bis 21 Uhr dann, weil zu den üblichen Veranstaltungszeiten die Konkurrenz anderer Fachbereiche einfach stärker ist als der unsrige. Und nicht wegen der Termine wäre dann doch ein Teil der Interessenten enttäuscht gewesen(*).
(* Die andere Möglichkeit der Vorgehensweise, repressiv die Teilnehmerschaft auf diejenigen zu reduzieren, die zum Augenblick des Kursbeginns seinem Kurskonzept gegenüber aufgeschlossen und bereit zu offener Mitarbeit sind, kommt für den Veranstalter, da eher kontraproduktiv wirkend in jeder Hinsicht, nicht infrage. Mit Repression und Verordnungen schafft man keine freien, selbständig denkenden, verantwortungsbewußten Menschen; bisher wohl Ziel universitärer Bildung. Die traditionelle Freiheit des so ziemlich allgemein und kostenfrei zugänglichen deutschen Universitätssystems - so chaotisch es sein mag - ist so übel nicht. Aber andere Gesellschaftsentwürfe sind offenbar denkbar; die Konsequenzen daraus für freie, selbständig denkende, verantwortungsbewußte Menschen vielleicht auch.)
Es geht auch sicherlich nicht auf Dauer gut, Modell B anzustreben oder auch
nur hinzunehmen, abgesehen davon, daß auch dies nur ein Modell und somit
unrealistisch ist. Es gibt sie, die Teilnehmer, die Interesse an der Art von
Kurs haben, wie ihn sich der Veranstalter vorstellt. - Aber was sollen sie
machen gegen die vergleichsweise große Mehrheit. Als unterdrückt werden sie
sich wohl nicht bezeichnen wollen, aber die Umstände sind eben so, daß wenn
kaum die Stimme des Veranstalters durchdringt, und es ihm schwerfällt, Bemerkungen, die im Flüsterton gedacht sind und daraus ihre Bedeutung ziehen, so zu äußern, daß sie als Bühnengeflüster auch noch in die letzte Ecke des -
für Lehrveranstaltungen - aber für was dann? - wohl kaum gedachten Raums
erreichen. Beiträge aus den Reihen (typischerweise so, aber warum eigentlich
nicht Kreisen?) der Teilnehmer sind da schon kaum, akustisch eher gar nicht
vernehmbar.
Diese Erfahrungen haben wir auch in diesem Kurs schon machen müssen. Es
ermuntert die Teilnehmer nicht sonderlich, sich zu äußern, wenn ihre Beiträge
immer wieder vom Veranstalter nochmal lautstark wiederholt werden müssen und
dann doch noch etliche, nicht nur im wörtlichen Sinne marginal situiert, es
nicht mitbekommen.
Aber all diese Probleme haben keine Bedeutung in den kleinen Kreisen, die
mittwochs von einigen als Arbeitsgruppen gebildet werden. Während an den
Montagsübungen doch etwas mehr als die Hälfte der ursprünglich Kursinteressierten teilnehmen, sind es bei den Mittwochsarbeitsgruppen deutlich
weniger als die Hälfte, und die Arbeit dieser Gruppen ist außerordentlich
unterschiedlich. Manche haben - und auch das gehört sehr wohl zum Kurskonzept - sich von Montag bis Mittwoch nochmal mit der vorausgegangenen Übung vertraut gemacht und auch die in der Woche zuvor ausgegebenen Arbeitsmaterialien durchgearbeitet. Etliche hatten dazu offenbar weniger Zeit,
manche noch nicht einmal, sich die Unterlagen zu besorgen. Das merkt der
Testauswerter dann nur zu oft an der Art der Bearbeitung der nächsten
Montagsübung und an der Art des Umgangs der verschiedenen Arbeitsgruppen mit
den Mittwochsprojekten.
Der Veranstalter ist, wie der homo sociologicus sowieso, eine Person mit
vielen Rollen. Neben, gegebenenfalls noch anderen, beobachtet er die soziale
Wirklichkeit seines Kurses, multimedial gewissermaßen, durch fragen, lesen
und gucken:
- Unsystematische - Beobachtung der sozialen Wirklichkeit:
Der Stapel der zurückgebliebenen Kopien der Montagsübungen ist stets größer
als der Stapel nicht ausgegebener Originalübungsformulare.
Der Verbrauch der mittwochs ausgegebenen Arbeitsmaterialien entspricht kaum
der Menge am Vormittag noch zu den Arbeitsgruppen verbliebenen Teilnehmern.
Empirische, nur quantitativ betrachtende, Überprüfung anhand der Situation
in Kurswoche 5 (Ende November):
Die Materialien m05 hatten am Mittwoch nicht produziert werden können, da
die Kopierer der Fachbereichsdruckerei allesamt kaputt waren. Der Veranstalter
weist darauf hin, daß die Unterlagen wohl Mittwochnachmittag, spätestens im
Laufe des Donnerstagvormittag, im Sekretariat bereit liegen dürften. Tatsächlich stehen sie dann bereits am Mittwoch 16 Uhr zur Verfügung, an der
Sekretariatstür zur allgemeinen Bedienung ausgehängt. Nach Eindruck des
Veranstalters sind bis Montagmorgen dann nur kaum wahrnehmbare Mengen Papiere
entnommen worden. Auf jeden Fall finden die am Montagvormittag in die Veranstaltung mitgebrachten Unterlagen der m05 dann reißenden Absatz. Gleiches
gilt nach subjektivem Veranstaltereindruck für die Mittwoch mitgebrachten
Kopien der u06 vom Montag.
Erklärungsidee und Hypothese:
Es gibt nach wie vor an die 200 Teilnehmer im Kurs, nur kommt die eine Hälfte so ziemlich ausschließlich montags, die andere ähnlich vorwiegend nur mittwochs. Dies als Arbeitshypothese kann ja mal untersucht werden. Zu erwarten
freilich sein wird, daß es nicht ganz so modellartig schlimm kommt, und der
Wechsel wohl nicht ganz die Hälfte, sondern nur weniger, vielleicht ein
Viertel der Teilnehmer betrifft.
Hintergrund:
Im Stundenplan überschneidet sich unser Kurs mit anderen unbedingt zu besuchenden, möglicherweise auch wichtigeren (?), Veranstaltungen(*).